Diese Informationen sind vor mehr als einem Jahr veröffentlicht worden und beziehen sich auf ein vergangenes Semester.

Ich habe einige Module am Abendgymnasium in diesem Sommersemester smartphonefrei™ geführt. Auf den ersten Blick geht es zwar Lehrer:innen nichts an, ob Studierende während des Unterrichts online aktiv sind. Sie sind erwachsen. Auf den zweiten Blick ist es de facto unmöglich, gut zu unterrichten, wenn einen als Lehrer 20 Zombies mit leerem Blick ansehen, weil sie gedanklich in einer anderen Welt sind, und nur zufällig aufgeschaut haben, um zu sehen, ob sich der Lehrer noch bewegt.

Daher hier meine Eindrücke:

  1. Smartphonefrei™ geht nur in gegenseitigem Einverständnis. Ich erzähle zu Beginn eine Geschichte, sie geht über drei Stufen. Stufe 1: Ich berichte, dass Stresshormone im Körper messbar höher ausgeschüttet sind, wenn ein Smartphone in der Nähe ist. Stufe 2: Ich zeige auf einen Studierenden, bei dem das Smartphone am Tisch liegt, und wende das auf seinen Nachbarn an – seine Stresshormone sind messbar höher. Stufe 3: Ich zeige auf mich und erzähle, wie es mir geht, wenn in einer Klasse 30 Smartphones auf den Tischen liegen. Und frage die Studierenden, wie gerne sie von einem gestressten Lehrer unterricht werden möchte. Nun folgt die Bitte, das Smartphone in die Tasche zu stecken. Nicht in die Hosentasche (Stresshormone), sondern weggeräumt. Die Klasse ist nun smartphonefrei™.
  2. In den kommenden Stunden kann ich nun leise einzelne Studierende bitten, das Telefon in die Tasche zu stecken, wenn ich es sehe. Das sichert die smartphonefreie™ Stunde auch weiterhin.
  3. Nun kommt der Benefit. Ich bemerke, dass einzelne Studierenden einschlafen, wenn eine Gruppen- oder Einzelarbeit fertig gemacht ist. Sie sind offenbar müde, und es ist besser, sie schlafen, als sie wischen/tippen sich ihre Müdigkeit weg. Das kommt sicher anderswo schlecht raus. Und ich bemerke, dass ich manche Studierenden bitte, ihre ersten Ergebnisse noch einmal anzuschauen, sie zu verbessern, Fehler zu finden, ihre Arbeit also auf eine nächsthöhere Qualitätsstufe zu bringen. Diese Stufe hätten sie mit Smartphones nicht gemacht, da sie schon nach einer ersten Phase aus dem Lenprozess ausgestiegen wären, um im Internet zu sein.
  4. Insgesamt braucht Mathematik/Physik/jedes Fach eine Konzentrationstiefe und Konfliktfäigkeit. Wer bei Konflikten – und die gibt es in der Mathematik bei jedem Lernschritt – aussteigt, in dem er ins Netz geht, führt diese Konflikte nicht mehr, indem er sie durch Denken/Lernen/Protestieren löst. Er weicht aus. Und das ist nicht gut.
  5. Meine Empfehlung daher: smartphonefreie™ Module sichern besseres Lernen. Es geht nicht mit Verboten, sondern nur einer Zustimmung, auf Smartphones während des Unterrichts zu verzichten. Ich würde sogar empfehlen, auch während der Pause darauf zu verzichten, denn Gespräche zwischen den Studierenden, in denen man auch mal schimpft, was die Lehre:innen so tun, was an der Schule anstrengend ist, und vielleicht auch schön – das ist wichtig, und Menschen sind soziale Wesen, die miteinander in Kontakt stehen sollen. Es ist für mich traurig zu sehen, wenn sie in der Pause still und stumm am Platz sitzen, und im “sozialen Netz sind”.

Meine Erfahrungen sind gut mit smartphonefreien™ Modulen, ich möchte das auch im kommenden Semester so halten. Feinabstimmung: man kann sich einen roten Würfel auf den Platz stellen, wenn man trotzdem im Netz sein will, dann wird man nicht von mir angesprochen, es wegzustecken. Dann spreche ich aber auch während des Unterrichts nicht mit dieser Person. Denken Sie, das ist eine gute Idee? Was denken Sie über smartphonefreie™ Module? Kommentieren Sie gerne hier.

Diese Informationen sind vor mehr als einem Jahr veröffentlicht worden und beziehen sich auf ein vergangenes Semester.







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